Final Fantasy IX

Die Realität, obschon mit festen Naturgesetzen gesegnet, ist einem stetigen Wandel unterlegen. Nichts bleibt gleich und selbst die Tatsachen, die bislang standhielten, werden sich lediglich irgendwann später ändern. Ganz gleich, wie sehr man es sich wünscht: es ist nicht aufzuhalten und auch wenn nicht jede Änderung eine schlechte Sache sein muss, muss man eben auch akzeptieren, dass nicht jede Änderung auf gerechte Weise geschieht.

Auch wenn das wieder einen Einblick in meine Gedankenwelt zeigt und die thematisch abweichende Art lediglich ein Ergebnis meiner Unfähigkeit ist, ordentliche Einleitungen zu schreiben, können Teile davon auf das heutige Thema bezogen werden, denn Final Fantasy IX ist im Laufe der Zeit ebenso von Wandel betroffen gewesen. Zur Zeit seiner Veröffentlichung durch falsch gesetzte Erwartungen eher Irritation und Ambivalenz auslösend, hat es sich immer mehr zum Liebling vieler Anhänger der Final Fantasy-Reihe gemausert und angesichts dessen, dass ich schon immer für das Spiel geschwärmt habe, löst diese Entwicklung pure Freude aus.

Es hat sich aber nicht nur die generelle Rezeption des Spiels im Laufe der Zeit gewandelt, denn auch meine Meinung hat sich jüngst mit der Switch-Neuauflage des ursprünglich 2001 für Playstation erschienenen Originals geändert. Erstmalig, nach langer Antizipation im Jahr 2009 das Original kennen und lieben gelernt, schien meine Bewunderung für dieses Spiel ewig in Stein gemeißelt zu sein, doch nun, nach einem weiteren Durchgang, dem ersten seit Jahren, bröckelte diese Gewissheit und ich sehe das Spiel zu meinem Bedauern inzwischen in einem schlechteren Licht. Bevor der falsche Eindruck erweckt wird: ich mag das Spiel noch immer sehr und würde es noch immer als das beste dreidimensionale Final Fantasy bezeichnen; aber es darf sich auch nicht mehr zu meinen absoluten Lieblingsspielen zählen. Die Verschlechterung ist also eher dem hohen Niveau geschuldet, denn trotz der zahlreichen Kritikpunkte, die noch folgen werden, besitze ich einen besonderen Bezug zum Spiel und werde diesen wohl auch immer haben.

Um die Balance zu halten, werde ich nach Möglichkeit abwechselnd auf Schwächen und Stärken des Spiels eingehen und mit der Handlung des Spiels fange ich sogleich an, da diese einen besonderen Knackpunkt meiner jetzigen Bewertung darstellt. Wie fast jedes andere Final Fantasy führt der neunte Teil in eine von den anderen Teilen unabhängige Geschichte und Spielwelt ein. Auf Gaia gibt es den Nebelkontinent, der, wie der Name schon verrät, stets vom dichten Nebel umhüllt ist, der sich gerade in den niederen Lagen in hoher Dichte ansammelt. In diesem Fall handelt es sich bei diesem Nebel jedoch nicht einfach um sehr feinen Regen respektive Feuchtigkeit in der Luft, sondern um eine böse Bedrohung, da im Nebel jede Menge besonders rauflustige Monster lauern und selbst bei den verschiedenen ansässigen Rassen Aggressionen verstärken.

Das Spiel beginnt dabei in Alexandria, das eines der drei großen Reiche des Kontinents ausmacht, zu dem im Rahmen von Festivitäten ein großes Theaterschiff unterwegs ist. Auf diesem Schiff hat sich zusätzlich zum Bühnenpersonal auch die schauspielerisch begnadete Diebesgruppe Tantalus begeben, die sich von der Königin unbemerkt ins Schloss einschleichen und die Prinzessin Garnet entführen sollen. Die Thronfolgerin hegt jedoch selbst den Gedanken, vom Schloss zu fliehen, weil sich ihre mordsmäßig miesgelaunte Mutter in letzter Zeit sehr merkwürdig verhält und sie selbst Erkundungen bezüglich der Machenschaften ihrer Mutter anstellen möchte. Deshalb geht sie nach einigem Hin und Her zur großen Überraschung von Zidane, einer der Mitglieder der Diebesbande, freiwillig mit. Das bleibt nicht vom Hauptmann Steiner unbemerkt, der sich an ihre Fersen heftet.

Kurz bevor sich diese Begebenheiten anbahnen, ist ein kleiner Schwarzmagier namens Vivi in der Stadt unterwegs, um beim angekündigten Spektakel zuzusehen. Als sich sein Ticket jedoch als Fälschung entpuppt, schleicht er sich mit dem Rattenjungen Puck über die Dächer der Stadt ins Publikum, wird dort aber nach kurzer Zeit erwischt, sorgt ungewollt dafür, dass Garnets Verkleidung auffliegt und das Theaterschiff von der Königin angegriffen wird. Das angeschlagene Luftschiff kann mit allen Beteiligten (und im Falle von Steiner und Vivi auch allen blinden Passagieren) fliehen, stürzt jedoch über den Verwunschenen Wald ab, wo sie voneinander getrennt werden. In diesem lauern dank des Nebels jede Menge Gefahren und Zidane muss sich entscheiden, ob er zur Diebesbande noch gehören möchte, die dank der zahlreichen Verletzten mehr mit dem eigenen Erhalt beschäftigt ist oder doch lieber mit Vivi und Steiner die von Monstern verschleppte Prinzessin retten soll.

Wie vermutlich bekannt ist und auch aus der Beschreibung hergeht, legt der neunte Final Fantasy-Teil mehr den Fokus auf das klassische Mittelalter-Setting, das spätestens im Sprung zur dritten Dimension beim siebten Teil von der Reihe fallengelassen wurde und entspricht damit nicht nur der eigentlichen Beschreibung des Fantasy-Genres, sondern geht auch auf die ursprünglichen Wurzeln zurück. Da die Reihe erst mit Final Fantasy VII, das mehr auf Steampunk setzte, große Bekanntheit in westlichen Gefilden erlangen konnte und sein schrecklicher Nachfolger ebenfalls modernere Elemente einbezogen hat, war die Irritation quasi vorprogrammiert. Besonders in Europa erhielt man erst mit dem siebten Teil Kenntnis von der Reihe und daher waren die Erwartungen ganz andere, als in Japan, wo vom ersten Teil an andere Maßstäbe gesetzt wurde.

Für jemanden, der mit der Final Fantasy IV-Neuauflage erste Berührungen mit der Reihe hatte und alle zweidimensionalen Teile noch vor den dreidimensionalen kennenlernen durfte, war diese Entscheidung mehr als willkommen. Bis heute stellt der neunte Teil im Bezug auf sein Setting bei den dreidimensionalen Teilen eine Anomalie dar und auch wenn ich mit anderen Titeln der Reihe wie Final Fantasy X oder Final Fantasy XII zu einem gewissen Grad meine Freude hatte, ist und bleibt dieser, wie oft erwähnt, über allen Zweifel als Gewinner erhaben.

Das liegt aber auch an eine der größten Stärken des Spiels und das ist, mit wie viel Charme Setting und Welt umgesetzt wurden. Kein Ort gleicht dem anderen und die vielen kleinen Details mit Bezug auf die Historie der Welt schmücken diese noch zusätzlich aus. Hinzu kommt, dass das Spiel durchaus seine düsteren Szenen hat, diese jedoch durch sympathisch-leichtherzig wirkende Dialoge und Szenen ausgleicht, die mir im vorigen, achten Titel gefehlt haben. Durch diese Vielfältigkeit fühlt sich das Spiel gerade auf der ersten Disk sehr lebendig und authentisch an und bietet mir den Eskapismus, den ich in Spielen suche.

Womit wir allerdings auch gleich bei einem Negativpunkt angekommen wären, denn so stark, charmant und atmosphärisch das Geschehen an manchen abläuft, so sehr schwächelt es dann an anderer Stelle in der Handlung. Das liegt an der erzählten Geschichte, die nach starkem Anfang mehr schlecht als recht ihr Tempo aufrecht erhalten und selbst bei den besseren nachfolgenden Stellen nie das Niveau der ersten Disk erreichen kann. Unterstützt wird das nur noch durch die Spielwelt, die abseits des Nebelkontinents mit wenigen Ausnahmen eher leer wirkt und so auch viel Potenzial verschenkt. Gerade wenn es um die Suche nach Kuja geht, lahmt die Handlung so sehr, dass mir Langeweile aufkommt und das ist angesichts des etablierten und sonst wenig genutzten Potenzials ein wenig schade, wenn nicht gar frustrierend.

Frustrierend ist die Tatsache aber nicht nur wegen des ungenutzten Potenzials oder der lahmenden Handlungen, sondern auch wegen der Hauptfiguren, die allesamt – außer Mahagon – in meinen Augen die wohl stärksten der gesamten Reihe sind. Selbst Quina, der häufig eher für Comic Relief verwendet wird, besitzt im Vergleich zu anderen Charakteren aus den anderen Teilen mehr Charme und Charaktertiefe, die man zunächst nicht vermutet hat. Gemessen an den Standards der Reihe haben alle Charaktere – bis auf Mahagon – die wohl interessantesten Interaktionen und Dialoge untereinander. Zidanes Schürzenjägertum mag ich überhaupt nicht lustig finden, aber davon ab passt es zu seiner aufrecht gehaltenen Fassade, die er bis fast zum Ende des Spiels perfekt in Schuss hält.

Dieser Eindruck lässt sich auch auf das ATE, das Active Time Event, zurückführen, das ausschließlich in diesem Spiel Verwendung findet und bis auf sehr wenige Ausnahmen komplett optional bleibt und in den häufigsten Fällen auch keine Belohnungen abseits von der Vertiefung der Charaktere und der Spielwelt bietet. Bei diesen Bedingungen mag sich das eher wie ein überflüssiges Gimmick anhören, ist jedoch eines der wohl besten Features, die jemals für Rollenspiele erdacht wurden. Immer wieder während der Handlung, zumeist bei erstmaligen Besuchen in neuen Städten, trennen sich die Charaktere auf und erleben ihre ganz eigenen Momente, in denen man Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt kriegt oder aber der Spieler schlichtweg ein charmantes Erlebnis vorgesetzt bekommt. Wer in Eile ist oder so etwas nicht mag, kann das meistens ignorieren, doch für jemanden wie mich, der sich in den Erlebnissen der Charaktere und Spielwelt verlieren möchte und über so manches philosophiert, ist das genau das richtige. Es hat also schon einen triftigen Grund, wieso von allen Final Fantasy ausgerechnet dieser Teil eine animierte Serie bekommen wird.

So sehr ich die Charaktere dadurch auch liebe und – außer Mahagon – nicht missen möchte, können die ATE leider nicht immer das schon angesprochene unausgegorene Pacing und verpfuschte Charakterentwicklungen ausgleichen. Während Figuren wie Vivi ihre Entwicklung auf exzellente Weise ausleben können, haben es Figuren, wie die ansonsten sehr gut implementierte, aber dennoch unvollständige Geschichte um Freya oder die selten thematisierte Einsamkeit von Eiko, nicht ganz so gut erwischt. Teilweise lässt es sich wieder auf die Handlung selbst zurückführen – das mit Freya eng verstrickte Burmecia spielt ab einem gewissen Punkt so gut wie keine Rolle mehr und darunter leidet auch Freya als Charakter -; im Falle von Mahagon liegt es beispielsweise einfach an der überhasteten Entwicklung und dem auslaufenden Budget, durch das gleich keine Mühe in entsprechende Aspekte gesteckt wurde.

Immerhin funktioniert trotz der Abstriche das Kampfsystem zu großen Teilen, das wie gehabt auf das ATB-System setzt, das in Final Fantasy IV erstmals eingeführt wurde. Hierbei handelt es sich um eine leichte Abwandlung eines regulären rundenbasierten Kampfsystems mit der Ausnahme, dass ein Kampfbeteiligter erst dann seine Aktion ausführen kann, wenn seine Aktionsleiste gefüllt ist. Da die Geschwindigkeit, mit der eine Leiste sich füllt, von den Werten des Akteurs, sowie auch den etwaigen Buffs oder Debuffs abhängt, Gegner ebenfalls diesem System unterliegen und man frei zwischen den Charakteren mit vollen Aktionsleisten wählen kann, hat man die Möglichkeit, den richtigen Zeitpunkt zu wählen und somit strategisch zu nutzen. So kann man beispielsweise seinen Heiler bis nach einer zerstörerischen Attacke eines Bosses aufbewahren, damit dieser rechtzeitig vor anderen Aktionen seine Kameraden heilen kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich neben der strategischen Komponente die Kämpfe auch etwas dynamischer als bei einem regulären rundenbasierten Kampfsystem gestalten.

Doch alle Dynamik in den Kämpfen nützt wenig, wenn das Spiel seine Schwierigkeiten damit hat, beim Kampfgeschehen mitzuhalten. Gerade Final Fantasy IX, das seinerzeit alles aus der altersschwachen Playstation herausholte, ist berühmt-berüchtigt für seine relativ langsam ablaufenden Kämpfe. Bedingt durch Ladezeiten und den einhergehenden Animationen, die diese maskieren sollen, können Kämpfe sich doch recht zäh gestalten. Bei Bossen, die sowieso eine schwierige, zeitaufwändige Schlacht nachstellen sollen, mag dieser Eindruck förderlich sein, doch bei generischen Standardgegnern ist es kein Wunder, wenn der Spieler nicht die Geduld behält. Zwar wurden bei der Neuauflage die Ladezeiten verkürzt, doch da die Entwickler technisch nur zweckmäßige Optimierungen für die Switch-Fassung vorgenommen haben, kann es durchaus gelegentlich passieren, dass die Ladezeiten noch länger als beim Original ausfallen oder schlimmstenfalls das Spiel gleich abstürzt.

Glücklicherweise haben die Entwickler trotz der vergleichsweise großen Faulheit einige Verbesserungen in der Neuauflage vorgenommen, um Kämpfe zu beschleunigen und etwaiges Grinding zu verkürzen. Während der Spieler das Spiel pausiert, hat er die Möglichkeit, die Spielgeschwindigkeit ordentlich zu erhöhen, was nur bedingt bei manchen Ladezeiten hilft, aber eben auch die Kämpfe mit einschließt. Dazu hat man die Möglichkeit, weitere Cheats wie Unsterblichkeit, keine Zufallskämpfe oder Maximalschaden ein- und jederzeit auszuschalten. Gemeinsam mit der einmalig aktivierten, nicht wieder rückgängig zu machenden Maximierung von Geld oder Werten der Figuren im Optionsmenü ist das fast schon ein Overkill, aber es erleichtert das Spielerlebnis ungemein, manche der Cheats gelegentlich beim Grinden zu erhöhen und diese Annehmlichkeiten sorgen dafür, dass man das Spiel für weniger begabte Spieler zugänglich macht oder Spielern ein möglichst flottes Spielerlebnis ermöglicht, die das Spiel lediglich für die Handlung oder Charaktere spielen wollen.

Eines der Cheats ermöglicht auch die Auslösung des Trance-Zustandes und damit haben wir einen weiteren eher kritisch anzusehenden Aspekt des Kampfsystems. Jeder der Hauptfiguren in diesem Spiel hat die Möglichkeit, nach genügend eingestecktem Schaden bei voller Trance-Leiste in den Trance-Zustand zu verfallen, der sich je nach Charakter anders auswirkt, generell jedoch große Vorteile wie doppelte Beschwörungen oder dreifach erhöhte Angriffskraft mit sich bringt. Eigentlich ein weiteres nettes Feature, das das Kampfsystem erweitern sollte und ja – sollte ist das richtige Wort, denn mal von einer Ability abgesehen, die passiv die Leiste schneller füllen lässt, hat man keinerlei direkten Möglichkeiten, die Leiste zu füllen oder den Trance-Zustand für einen nächsten Kampf, in dem dieser nützlicher wäre, aufzubewahren. Damit verkommt dieses Feature zu einem glücks- und zufallsabhängigen Gimmick, das in dieser Form genauso gut hätte nicht implementiert werden können und es keinen großen Unterschied gemacht hätte.

Während Trance eher als Reinfall gewertet werden kann, liegt das Ability-System am anderen Ende des Spektrums und bereichert das Kampfsystem mit seiner großen Flexibilität und der taktischen Komponente enorm. Anders als zuvor werden Zauber, Fertigkeiten und Resistenzen weder automatisch durch Levelaufstieg, noch durch Käufe wirklich erlernt, sondern können sich durch die Ausrüstung, also Rüstungen, Waffen und Accessoires, angeeignet werden. Die mögliche Auswahl der erlernbaren Abilities und das einhergehende Lerntempo hängt dabei sowohl vom Gegenstand, als auch der Person ab. Dabei gibt es unabhängig von den Voraussetzungen zwei unterschiedliche Arten von Abilities, die sich entweder zu den altbekannten Techniken und Zaubern oder den Resistenzen, Immunitäten und Boni aus vorherigen Teilen einordnen lassen. Während erstere, wie zum Beispiel Feuer oder Vita, ganz schnell erklärt sind, weil diese nach Erlernung schlichtweg dauerhaft in das Repertoire des Charakters wandern, sind die passiven Boni und Resistenzen von den verfügbaren Magiesteinen abhängig. Diese steigen in ihrer Anzahl bei Levelaufstiegen an, können aber sonst nicht beeinflusst werden und bestimmen, welche und wie viele der passiven Abilities gleichzeitig aktiviert werden können. Jedes passive Abilities, das gerade aktiviert ist, nimmt eine gewisse Anzahl an verfügbaren Magiesteinen ein und sind bewusst so gestaltet, dass niemals alle verfügbaren Abilities – auch nicht auf Maximallevel mit der höchstmöglichen Anzahl – gleichzeitig angelegt werden können. Das mag sich zunächst negativ anhören, doch wenn man bedenkt, dass Abilities jederzeit im Menü aktiviert und deaktiviert werden können und gerade einige Bosse hohen Wert auf bestimmte Zustandsveränderungen wie Konfus oder Gift setzen, die durch besagte Abilities negiert werden, wird man verstehen, dass eine taktische Verteilung der verfügbaren Magiesteine auf die gerade gebrauchten Abilities essentiell ist.

Abilities lassen sich durch die nach erfolgreichen Kämpfen verteilten AP erlernen. Hat Garnet beispielsweise ein Barett und eine Zipfelmütze angelegt, die Vitra und Protes lehren können und gewinnt durch einen Kampf drei AP, werden drei Punkte den beiden Magien gutgeschrieben. Wie viele bis zur vollständigen Erlernung nötig sind, zeigt eine Art Lernleiste an und ist diese voll, kann Garnet auch ohne den Ausrüstungsgegenstand die Ability für sich nutzen. Weil AP wirklich nur dann etwas nutzen, wenn Ausrüstungsgegenstände mit ungelernten Abilities angelegt sind, empfiehlt es sich, die Ausrüstung aller Charaktere regelmäßig zu wechseln und nach Möglichkeit für späteren etwaigen Gebrauch nur wenig der Ausrüstung zu verkaufen. Wer wirklich alle Optionen kennenlernen und seine Charaktere optimieren möchte, hat dazu neben den bekannten Shops auch die Möglichkeit, seltene Gegenstände beim Schmied oder in Schätzen zu finden.

Eine Ausnahme von dem Ability-System gibt es aber auch und das ist die von Quina beherrschte Blaumagie, die nach wie vor durch Gegner erlernt werden kann und daher nichts mit Ausrüstung oder dergleichen zu tun hat. So toll einzelne Techniken auch sein können und ich diese in der Theorie nicht missen möchte, bin und war ich nie ein Fan von den zahlreichen, in Final Fantasy präsentierten Wegen, wie man an diese Magie herankommt und leider bietet dieses Spiel keine Ausnahme. Um eine bestimmte Blaumagie zu erlernen, muss Quina bestimmte Gegner essen, deren Kraftpunkte unter 25 (und bei Trance unter 50) Prozent gefallen sind. Diese Lösung negiert glücklicherweise den Zufallsfaktor, der in vorherigen Spielen noch eine größere Rolle gespielt hat, doch mit dem neuen System sind neue Probleme hinzugekommen. Will man nicht gerade nach jeder Aktion Analyse auf einen Gegner sprechen, um dessen Werte einzusehen, muss man entweder einen Guide herauskramen oder es schlichtweg nach Gefühl ausprobieren. Ein paar mehr optische oder anderweitig vermittelte Informationen hätten das Ratespiel und somit den Frust vollkommen beiseite geschafft. Generell mag das eine Kleinigkeit sein, doch es ist dennoch bedauernswert, wenn diese nur durch ein paar kleinste Änderungen so viel besser funktioniert hätte.

Möchte man sich nicht gerade in der Handlungen oder den Charakteren verlieren und hat auch die Schnauze voll von den Kämpfen, bietet Final Fantasy jede Menge Nebenaktivitäten, denen man sich stattdessen widmen kann. Eines der wohl größten Nebenbeschäftigung, die durch die neu implementierte Beschleunigung noch besser funktioniert, aber auch ohne diese auf dem Original schon jede Menge Spaß gemacht hat, ist die Schatzsuche mit dem Chocobo. In gewissen Arealen kann innerhalb eines Zeitlimits mit Choco nach Schätzen gesucht werden und je nachdem, welchen Laut dieser dabei ausstößt, erfährt der Spieler, ob und wie nahe er einem der vergrabenen Schätze ist. Trifft man mit dem Schnabel des Chocobos genau auf die Stelle, in der ein Schatz vergraben ist, muss man nur noch die Kraftpunkte der Stelle mit Schnabelhieben auf Null verringern und schon hat man den Schatz für sich. Manchmal kommen auch Schatzkarten zum Vorschein, die die Position eines besonderen Schatzes auf der Weltkarte andeuten und man kann mit dem Chocobo schließlich ganz in Ruhe diesen bergen. Manche dieser Schätze enthalten auch Upgrades für den Chocobo, mit dem man nun durch dessen neue Fertigkeiten weitere Schatzsuchareale und Schatzkarten finden kann. Manchmal mag das Minispiel ein wenig behäbig laufen, doch insgesamt macht es großen Spaß, nach Schätzen zu suchen.

Es wäre viel gewonnen, wenn Tetra Master im Vergleich dazu nur halb so spaßig wäre. Wie auch in Final Fantasy VIII gibt es auch hier ein Kartenspiel, das die Bevölkerung der Welt in Atem hält und das ist das besagte Tetra Master, zu dem sich viele Bewohner der verschiedenen Städte jederzeit bereitwillig herausfordern lassen. Dabei kann der Spieler aus seinem Repertoire der gesammelten Karten, die von Monstern bis hin zu Items viele verschiedene Motive umfassen können, fünf Stück heraussuchen, mit dem dieser das Duell bestreiten möchte. Ist die Entscheidung bezüglich der Kartenauswahl und der Reihenfolge über einen Münzwurf gefallen, dürfen die zuvor gewählten Karten abwechselnd von den Duellanten auf einem Feld mit 16 verschiedenen Feldern platziert werden, wobei manche dieser Felder von vornherein blockiert sein können. Gewinner des Duells ist schließlich derjenige, der am Ende durch gewonnene Kämpfe mehr Karten mit seiner Farbe einfärben konnte. Diese Einfärbung bestimmt schließlich, welche Auswahl besagter Gewinner am Ende hat, denn es ist ihm gestattet, eine gegnerische Karte mit der eigenen Färbung auszusuchen. Kann der Gewinner sogar alle Kämpfe erfolgreich für sich verbuchen und sämtliche Karten auf dem Feld in seiner Farbe erstrahlen lassen, gewinnt er gleich alle fünf im Duell verwendeten Karten des Gegners; ein Unentschieden hingegen hat keine Konsequenzen. Der Einsatz gilt in jedem Duell für beide Beteiligten, daher sollte der Spieler sich gut überlegen, ob und wie er seltene Karten einsetzen soll.

Wann ein Kampf initiiert wird, bestimmen die abgebildeten Pfeile auf den gesetzten Karten, die in ihrer Anzahl und Ausrichtung von Karte zu Karte schwanken, im Maximalfall aber alle acht Richtungen einer simplen Windrose abdecken können. Besitzt beispielsweise eine Karte einen nach Norden gerichteten Pfeil, greift diese beim Setzen der Karte – sofern vorhanden – ihren nördlich gelegenen Gegner an. Besitzt der Verteidiger keinen Pfeil in die entgegengesetzte Richtungen, in diesem Fall also nach Süden, wird diese Karte ohne Weiteres vom Angreifer eingenommen und entsprechend eingefärbt. Falls doch ein entgegengesetzter Pfeil vorhanden sein soll, kommt es zu einer Konfrontation und die Lebenspunkte beider Karten werden nach den entsprechenden Werten der Karten reduziert. Wer in diesem Fall als letzter steht, geht als Gewinner aus dem Kampf hervor und beide Karten werden in die Farbe des Gewinners gefärbt. Besitzt der Verlierer dazu noch zusätzliche Pfeile, die auf andere nächstgelegene Partner zeigen, gibt es eine Kombo und alle diese Karten werden in die Farbe des Gewinners eingefärbt. Man merkt also, dass die Position der Karte und ihre Pfeile entscheidend bei einem Duell sind und man selbst mit nur einem Zug durch eine Kombo sich noch das Ruder rumreißen lässt.

Das klingt ja bislang soweit verständlich und würden allein nur diese Regeln gelten, hätten wir eine äußerst spaßige Nebenbeschäftigung vor uns gehabt. Leider gibt es wie mit regionalen Regeln von Final Fantasy VIII’s Triple Triad auch im hiesigen Tetra Master eine Komponente, die das Spiel für die meisten Spieler ruiniert und das liegt in diesem Fall daran, wie diese Konfrontation von zwei gegnerischen Karten mit entgegengesetzten Pfeilen gewertet wird. Die Karten besitzen nämlich vier verschiedene Werte, die ihre Angriffskraft und Verteidigung verschiedener Naturen bestimmen und nicht nur ist das Spiel mangels Tutorial katastrophal darin, es dem Spieler überhaupt beizubringen; es ist zudem auch gar nicht intuitiv gestaltet und selbst mit einiger Recherche ist es schwer, den Ausgang einer solchen Konfrontation taktisch vorauszusehen. Ich gehöre zu den Idioten, die sich die Mühe gemacht haben, sich in den zahlreichen Wikis und Guides darüber zu informieren und dennoch habe ich oft als Verlierer dastehen müssen, weil es selbst mit Vorwissen überhaupt nicht ersichtlich ist. Zum Glück ist es die meiste Zeit optional und lediglich ein relativ einfaches Kartenturnier wird für das Vorankommen in der Handlung benötigt, für dessen Erfolg man mit Leichtigkeit das Speichersystem missbrauchen kann, aber allein die Notwendigkeit eines solchen Sicherheitsnetzes zeigt schon, dass das Kartenspiel ein misslungener Fehlschlag ist.

Apropos Speichern: in der Neuauflage wird zumeist bei Bildschirmübergängen automatisch zwischengespeichert, doch allein darauf sollte man sich nicht verlassen, denn die schon im Original dafür abgestellten Mogrys erfüllen immer noch sehr zuverlässig ihren Zweck und umgehen dank ihrer sorgfältigen Platzierung etwaige Softlock-Situationen. Ganz unabhängig davon erfüllen sie nicht nur allein in ihrer Funktion als Speicherpunkt oder charmantes Element der sympathischen Spielwelt ihren Zweck, sondern beherbergen auch gelegentlich die einzige Einkaufs- und – im Austausch für ein Zelt – Übernachtungsmöglichkeit für einige Gebiete des Spiels. Das ist aber noch nicht alles, denn mit dem Mog-net gibt es auch eine weitere Nebenaktivität des Spiels, in der Briefe zwischen den einzelnen Mogrys ausgetragen werden, die hauptsächlich ein wenig den Charme und einige Handlungspunkte der Spielwelt erweitern sollen, aber auch gelegentlich für weitere Belohnungen sorgen. Vielleicht mag es an meiner Affinität zum Briefeschreiben und den empfundenen Glücksgefühlen dabei liegen, aber auch ohne die Aussicht auf die kleineren Belohnungen bereitet es unheimliche Freude, Postbote für diese ungeschickten Fellbällchen zu spielen.

Da damit die wesentlicheren Nebenaktivitäten abgedeckt sind und ich mich nicht zu sehr in Kleinkram, wie dem schrecklichen, aber unbedeutenden Seilspringen, verzetteln möchte, breche ich das Abwechslungsmuster nun endlich auf und komme direkt nach dem herzlichen Mog-net mit der Grafik auf einen weiteren enormen Pluspunktes des Spiels zu sprechen. Wie ich bereits schon erwähnt habe, versuchte Final Fantasy IX alles aus der schwächelnden Playstation herauszuholen und auch wenn natürlich der Zahn der Zeit an manchen Stellen genagt hat, wird man nicht umhin kommen, das Spiel auch heute noch als sehr ansehnlich zu bezeichnen. Viele der Hintergründe sind wirklich wunderbar gestaltet und könnten abseits von ihrer geringen Auflösung ohne große Mühe als Kunstwerke bezeichnet werden. Da wir auch sehr viel Abwechslung in den einzelnen Gebieten erfahren und die Künstler ihre volle Kreativität ausleben konnten, wird man dabei auch auf einzelne Exemplare stoßen, die im guten Sinne einzigartig sind und bei einem lange im Gedächtnis bleiben. So bietet dieses Spiel etwa eines der wohl schönsten Endgame-Dungeon, die jemals in einem Videospiel konzipiert wurden und dieses, sowie viele Highlights zuvor auch, lassen mein Herz höherschlagen. Selbst wenn man mit dem Stil des Spiels persönlich nicht so viel anfangen kann, wird man zugeben müssen, dass das Spiel optisch große Stärken besitzt und es nur wenige Beispiele gibt, die man schlimmstenfalls als zweckmäßig bezeichnen müsste. Das gilt natürlich auch für die gelegentlichen Zwischensequenzen, die trotz des zwischenzeitlich erfolgten Fortschritts immer noch ihren Zweck erfüllen und zu dem Besten gehören, das die damalige Spielgeneration zu bieten hatte.

Dank der Erfahrungen durch Final Fantasy VII und Final Fantasy VIII konnten die Entwickler auch ihr Bestes bei den Charaktermodellen geben, die ausdrucksstärker als zuvor sind. Natürlich gibt es viele Spiele, die inzwischen weitaus mehr Fortschritte diesbezüglich machen konnten und das Charakterdesign ist damals wie heute eines der eher kontrovers diskutierten Elemente des Spiels, doch es ist unbestreitbar, dass die Entwickler mit wenigen Mitteln den Charakteren eine große Portion Persönlichkeit allein durch ihr Design und der Körpersprache vermitteln. In der Neuauflage wurden diese sogar aufgearbeitet und sehen besser aus, als zuvor.

Bevor ich jedoch zu einer weiteren großen Stärke des Spiels zu sprechen komme, muss ich einen weiteren Kritikpunkt nennen, der allein bei der Neuauflage vorkommt und das ist die mangelnde Mühe bei der grafischen Aufarbeitung des Spiels. Während die Charaktermodelle hübscher denn je aussehen und abseits winziger Abstriche keiner Kritik bedürfen, wurde sich bei den Zwischensequenzen und den Hintergründen leider nicht so viel Mühe gegeben. Da beides immer noch recht hübsch bezeichnet werden kann, mag das keineswegs ein Genickbruch sein, aber es ist schon bedauerlich, dass sich Square Enix nicht wirklich die Mühe gegeben hat, diese in höherer Auflösung oder gar der Originalauflösung der Entwicklungsfassung und somit das volle Paket der Überarbeitung anzubieten. Immerhin ist es längst nicht so schlimm wie die Steam-Versionen von den ersten paar Final Fantasy-Teilen, die man ja im Gegenzug dazu als Verschlimmbesserung der schlimmsten Sorte bezeichnen kann.

Es mag kaum einer wissen, aber ich habe mir kurz nach dem ersten Durchlauf des Spiels den Soundtrack des Spiels geholt und da bekanntermaßen CDs von Videospielen teils zu horrenden Preisen angeboten werden, wird man vielleicht ahnen, wie sehr ich diesen Aspekt des Spiels verehre. Nobuo Uematsu, ein Komponist des Final Fantasy-Soundtracks seit erster Stunde, hat auch schon in der Vergangenheit viele grandiose Werke abgeliefert und genießt nicht zuletzt auch deswegen immer noch ein hohes Ansehen und hiermit hat er in meinen Augen sein Magnum Opus seiner Karriere erschaffen. Viele Stücke unterstützen äußerst geschickt die geschaffene Atmosphäre des Spiels und lassen sich auch sehr gut außerhalb ihres Kontextes anhören und in meinem Fall vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht von diesen Klängen beschallen lasse oder zumindest an sie denke. Uematsu ist wirklich ein Meister seines Fachs und dieser kann sogar mit seiner Arbeit einige der handlungstechnischen Schwächen des Spiels mehr als ausbügeln.

FAZIT

Final Fantasy IX mag durch sein nicht immer aufrecht erhaltenes Erzähltempo, dem unverständlichem Tetra Master und den teils langen Ladezeiten kein absoluter Favorit von mir mehr sein, doch das ändert nichts daran, dass es sich immer noch ein sehr gutes Spiel, wenn nicht gar eines der besten seiner Reihe handelt, das in seinen besten Momenten mit seinem überbordenden Charme, den teils exzellent geschriebenen Charakteren, den Active Time Events, der genialen grafischen Präsentation und schließlich dem grandiosen Soundtrack so ziemlich alles andere in seinem Medium übertrumpfen kann. Es behält daher trotz seiner Schwächen immer noch einen besonderen Platz in meinem Herzen und leg daher jedem Rollenspielfreund nahe, dieses einzigartige Erlebnis zumindest einmal auszuprobieren – bereuen wird es die betreffende Person jedenfalls nicht.

Eine Antwort auf „Final Fantasy IX

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  1. Ich glaub immer noch das die Unebenheit in der Handlung damit zusammenhängt, dass das Spiel von Final Fantasy Gaiden zu Final Fantasy IX geupgradet wurde und wahrscheinlich seine zweite Hälfte umgeschrieben bekam, um mehr Gravitas zu bieten. Und natürlich das Problem das Spiel nicht nach hinten verschieben zu könnnen, weil es eh schon auf einer vor wenigen Monaten abgelösten Konsole erscheinen sollte.

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