De Blob 2

Wir Menschen bezeichnen uns als Krönung der Schöpfung und auch wenn mit Sicherheit einige Entdeckungen und Errungenschaften beeindruckend sind, unterliegen wir doch sehr oft unseren alten Trieben, die sich nur auf unsere Hormone und andere Stoffe im Gehirn zurückführen lassen. So habe ich etwa einen nicht unerheblichen Backlog, der mich mit seiner implizierenden Dekadenz Tag und Nacht wach hält, habe mich aber der großen Auswahl zum Trotz nach einem durchaus spaßigen Durchlauf mit dem Erstling sofort für den neu erworbenen zweiten Teil, de Blob 2, entschieden. Glückshormone siegen letztendlich doch immer über Nachhaltigkeit.

Wobei man es beim zweiten Teil sehr genau nehmen muss, welchen ich denn genau meine, denn obwohl der farbenfrohe Blob mit seinem rebellischen Widerstand augenscheinlich nur zwei Teile umfasst, bietet de Blob 2 mit seiner Nintendo DS- und Nintendo Wii-Fassung gleich zwei unterschiedliche Spiele mit ganz eigenen Geschichten. In diesem Fall musste ich in Ermangelung des Nintendo DS-Spiels auf die chronologische Reihenfolge verzichten und mit dem 2018 erschienenen Nintendo Switch-HD Remaster der ursprünglich 2011 erschienenen Nintendo Wii-Fassung vorlieb nehmen. Nicht dass ich mich aufgrund der Vorfreude besonders dazu zwingen musste, aber dies soll eine Erinnerung an mein zukünftiges Ich sein, mich der übersprungenen Episode eines Tages zu widmen.

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Die Kontinuität spielt ja normalerweise in einem Jump ’n‘ Run eh keine große Rolle und dem ist in weiten Teilen hier genauso, aber tatsächlich gibt es einige Kleinigkeiten, die wahrscheinlich im Nintendo DS-Abenteuer und nie hier erklärt werden. So steht dem Blob, der wohl zwischenzeitlich wieder den Weg in die Zivilisation nach dem selbst gewählten Eremitendasein gefunden hat, ein Roboter namens Pinky zur Seite, der wohl von einem der Nebencharaktere aus dem Widerstand des ersten Teils erfunden wurde.

Jener Farb-Untergrund ist es auch, der Blob und Pinky auf dem Plan ruft, da sie Genosse Schwarz nach der Niederlage im ersten Teil auf einem abgelegenen Urlaubsparadies lokalisiert haben. Dort angekommen finden sie nur Chaos vor und nachdem dieses beseitigt wurde, begeben sich die zwei Gefährten in die naheliegende Metropole Prisma City auf Spurensuche. Dort finden Regierungswahlen statt und eine Partei, die sich wie eine Sekte unter dem Anführer Papa Bleich versammelt und für die komplette Entfärbung steht, fällt besonders auf. Den zwei Widerständlern gefällt diese Gehirnwäsche natürlich gar nicht und da auch noch die altbekannten INKT-Agenten in den Reihen dieser Partei auftauchen, scheinen sie auf der richtigen Spur zu sein.

Auch wenn die Handlung und Spielwelt wie üblich für ein Spiel des Jump ’n‘ Run-Genres eher simpel und vorhersehbar gestaltet sind, werden sie passend zum artistischen Einschlag des Spiels doch relativ gut präsentiert. Durch den merklichen Ausbau der grafischen Gestaltung sind die Level nicht nur schöner als zuvor gestaltet, sondern haben auch einen deutlich glaubhafteren Effekt als Wohnort der kleinen Blaulinge. Jener Aspekt wird auch bei den Missionen effektiv genutzt, die einen logischen Verlauf für das letztendliche Levelziel nehmen.

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Diese starke und im Vergleich zum Vorgänger verbesserte Präsentation überträgt sich auch auf den Levelübergang, bei denen wie gewohnt auf Zwischensequenzen und handlungsrelevante Maskierung der Ladezeiten durch Comicpanels gesetzt wird. Speziell erstere können sich trotz des Alters auch heute noch sehen lassen, bauen sehr gekonnt und unterhaltsam die Spielwelt aus und zeigen zudem häufig genug, was den Spieler eventuell als nächstes erwarten könnte. Schlussendlich bin ich eh ein großer Fan der Pixar-Kurzfilm-Ästhetik ohne Dialoge.

Ich bin aber auch ein großer Fan der kleinen Details, die das Geschehen des Spielers begleiten. Oberflächen abseits von einfärbbaren Objekten werden individuell nach den Bewegungen des Spielers eingefärbt und auch das oft erwähnte Mickey-Mousing findet wie im Vorgänger ebenfalls wieder statt und je mehr man einfärbt, desto lauter wird die Musik in den jeweiligen Bereichen. Passend zur Feierlaune können die Stücke dem Blues-, Reggae- und Disco-Genre zugeordnet werden, die auch schon beim Vorgänger ihren Einsatz fanden und wieder einmal ziemlich catchy sein können. Mit jedem geschafften Level kommen immer mehr Stücke hinzu, die serienbekannt dann in den vergangenen Level individuell nach eigenem Geschmack ausgewählt werden können.

Die Präsentation hat sich also in vielen Fällen verbessert und ist detaillierter als zuvor und da stellt sich die Frage, ob es beim spielerischen Aspekt Verbesserungen gegeben hat und da lässt sich die Frage leider nicht so ganz beantworten. Es gibt zwar einige Änderungen, die das Erlebnis verbessern, doch qualitativ ist das Spielprinzip ähnlich wie beim Vorgänger geblieben – im guten wie im schlechten Sinne.

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Grob gesehen geht es immer noch darum, über Blobs internes Farblager die Architektur des Levels mit Farbe zu versehen, die Bevölkerung zu befreien und die feindlichen Kräfte über Farbenergie zurückzuschlagen. Anders als beim Erstling spielt die Punktzahl dabei so gut wie keine Rolle mehr und ist lediglich ein ästhetischer Faktor für kleine Egos, die mit einer höheren Zahl unbedingt angeben müssen. Handlungstechnisch birgt es den Vorteil, keine Dissonanz zwischen Spielprinzip und Handlung entstehen zu lassen, da es nicht mehr möglich ist, nach einer erreichten Punktzahl zum Ausgang zu hechten und die Umgebung letztendlich dabei noch in ihrem zerstörten Zustand zu belassen, schränkt aber dagegen auch die Entscheidungsfreiheit des Spielers ein, weil alle Level linearer als zuvor ablaufen.

Linearer läuft es auch bei den handlungsrelevanten Missionen ab, die strikt nacheinander abgehandelt werden und ohne deren Erfüllung das Level nicht mehr geschafft werden kann, weil sich neue Abschnitte und sogar die bekannten Sprungplattformen erst nach Initiierung der handlungsrelevanten Mission freischalten lassen, was eine deutlich bessere Levelführung zulässt, aber eben auch nicht mehr ganz so sehr zur Erkundung der Bereiche anstiftet. Ein wenig besser traf es die optionalen Nebenaufgaben, die erst gegen Ende des Levels freigeschaltet werden und nach Herzenslust durchgeführt werden können, weil in diesem Stadium des Levels das sonst sehr nervige Zeitlimit fallengelassen wurde. Zusätzlich mit der Anzeige der noch zu befreienden Bewohner und dergleichen stellt es wohl trotz des Backtrackings durch das gesamte Level die größte Verbesserung dar, weil es die Frustration nimmt, die mich schon im Vorgänger plagte. Nur dass fast alle Missionen vom Roboter gestellt werden und der Untergrund hier häufig eher blass bleiben, ist ein klein wenig schade.

Die Belohnungen der Nebenaufgaben haben sich entsprechend zur neuen Struktur ebenfalls verändert, denn während diese das Zeitlimit im Vorgänger verlängert haben, gibt es bei de Blob 2 nun die sogenannte Inspiration, die man auch seltener bei befreiten Bewohnern, in Kisten oder irgendwo im Level finden kann und für das neue Upgrade-System genutzt werden. Mit dieser kann man verschiedene Attribute von Blob verbessern und auch die Schusskraft vom Roboter Pinky verstärken. Letzteres ist aber nur für den Mehrspieler interessant, weil der pinke Roboter für den zweiten Spieler reserviert ist, der auch zusätzlich zum Story-Modus in einem auf Mehrspieler ausgelegten zum Einsatz kommt. Wie immer konnte ich diese nicht wirklich austesten.

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Verbessert haben sich übrigens auch die wenigen Bosse, bei denen ebenfalls kein Zeitlimit mehr eingehalten werden muss und generell eher passend zum Rest des Spiels mehr als Puzzle mit Sprungeinlagen beschrieben werden können und das ist um Welten besser, als der unter Zeitdruck stehende Endkampf mit schlecht implementierten Kampfsystems des Vorgängers. Betrachtet man das Kampfsystem, das nach wie vor eher oberflächlich gestaltet ist, generell kaum verändert wurde und dank des übermächtigen und zugleich ungenauen Anvisiersprungs keinen Mehrwert bringt, ist das wohl auch eine weise Entscheidung gewesen. Immerhin gibt es einige nette neue Power-Ups, die Kämpfe erleichtern oder verkürzen können und auch gelegentlich für kleinere Rätsel genutzt werden.

Eine weitere Änderung sind die neu implementierten zweidimensionalen Passagen, die zugleich mehr Herausforderung und Abwechslung bieten sollen und mitunter dafür sorgen, dass die Übernahme von Sehenswürdigkeiten, bei denen diese besonders häufig zum Einsatz kommen, im Gegensatz zum Vorgänger durch die begleitende Individualität deutlich länger im Gedächtnis bleiben. So sehr diese aber gelegentlich auch Spaß machen und ihre Funktion erfüllen können, so sehr ist ihre Implementierung ein zweischneidiges Schwert mit großem Frustpotenzial, die weniger durch die Passagen an sich, als vielmehr aus den ungelösten Problemen des Vorgängers entstehen.

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Wer sich meine Rezension zum Vorgänger ins Gedächtnis rufen kann, der wird wissen, dass dieser mit seinem Zeitlimit und den teils ungünstig gesetzten Rücksetzpunkten große Schwächen besaß, die mein Erlebnis gelegentlich getrübt haben und da abseits vom Wegfall des Zeitlimits bei optionalen Missionen vor Ende des Levels nicht an diesen Aspekten gerüttelt wurde, bleiben diese leider auch hier bestehen und werden sogar durch die strukturellen Veränderungen verstärkt. Der lineare Ablauf und die kleinere Auswahl an Missionen mit entsprechend weniger Upgrades für das Zeitlimit sorgen für eine Verknappung der vorhandenen Zeit und da die Einnahme der Sehenswürdigkeiten teilweise nun zwingend notwendig ist und dank der erwähnten Passagen deutlich länger brauchen, herrscht nicht selten eine große Hektik durch den Zeitdruck vor. Schafft man es doch nicht rechtzeitig vor Ablauf der Zeit, wird bekanntermaßen ein Leben abgezogen und an den letzten Speicherpunkt zurückversetzt, doch da die Zeit bei der Erreichung eines solchen Speicherpunktes mit gespeichert wird, kann es durchaus passieren, dass man das Level in einen unschaffbaren Zustand aus einem Zirkel aus vorprogrammierten Fehlschlägen versetzt und daher nur noch die Option des kompletten Neustarts mit einem hoffentlich besseren Durchlauf mit mehr Restzeit bleibt. Wenn man die eigentlich eher entspannte Philosophie von de Blob und den Erkundungsaspekt eines dreidimensionalen Jump ’n‘ Runs bedenkt, ist das ein ziemlich großer Schnitzer, der das eigentlich eher spaßige Gesamtbild doch ziemlich beeinträchtigt.

FAZIT

Bei de Blob 2 handelt es sich um ein robustes Jump ’n‘ Run, der mit seiner Einfärbemechanik einen interessanten Twist und dank seiner charmanten Präsentation eine individuelle Persönlichkeit bietet, was es definitiv zu einem erinnerungswürdigen Erlebnis macht. Leider steht es mit seinem Erstling abseits von der erwähnten Präsentation in so ziemlich jedem Aspekt qualitativ auf derselben Stufe, da jede Verbesserung durch neue oder bereits bestehende Schwächen ausgeglichen werden. Speziell das ziemlich störende Zeitlimit ist ein Faktor, von dem sich die Reihe bedauernswerterweise nicht befreien möchte.

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